OOK über OOK

OOK  beim Setzen des Goldenen Schienenagels seiner 0m-Anlage Braunlage-Andreasberger Eisenbahn (BAE). Die jetzige Anlage ist schon die dritte BAE, weil OOK trotz notwendig gewordener Umzüge seinem Thema stets treu geblieben ist. Wer ist dieser Modelleisenbahner und wie ist er geworden, der und wie er heute ist?

Werdegang und Philosophie

Als ich Kind war, fuhr vor unserem Hause eine meterspurige eingleisige Straßenbahn entlang, die Verbindung mit einer ebenfalls meterspurigen und elektrischen Überlandbahn hatte. Beide faszinierten mich. Mit drei Jahren drängte ich meine Mutter, mit mir Straßenbahn zu fahren, von einer Endstelle zur anderen, immer wieder. Als ich zwölf war, wohnten wir in Osterode am Harz, Endstation einer 75cm-spurigen Kleinbahn, mit der meine Klassenkameraden jeden Morgen zu Schule kamen. Ohne es zu merken, wurde ich Schmalspurfan. Aber das war ein Bazillus mit langer Inkubationszeit. Zu Weihnachten bekam ich meine erste Modelleisenbahn: Märklin H0, die Schmalspur musste warten.

Es ist Energievergeudung, das Rad noch einmal erfinden zu wollen. Besser schaut man, wie die Alten es gemacht haben. Nicht anders ist es mit der Modelleisenbahn, speziell, was die Planung einer Anlage angeht. Das Lernen kann allerdings enorm unterschiedliche Auswirkungen haben, je nachdem, welche Quellen einem zugänglich sind.

Ich war 16 Jahre alt, als unser Englischlehrer für jeden Schüler einen englischsprachigen Brieffreund vermittelte. Ich bekam einen, der in einem kleinen Ort in Maine, USA, wohnte. Als ich ihm schrieb, dass ich mich für Modelleisenbahn interessiere, schickte er mir zwei Ausgaben der Zeitschrift MODEL TRAINS, Stückpreis 35 cent. Zufälligerweise waren dies die Ausgaben mit den ersten beiden Folgen von Linn Westcotts Serie „A railroad that grows and grows“, die später als Buch ein Bestseller wurde.

Anneliesental hieß der einzige Bahnhof der H0m-spurigen Mittel-Harz-Bahn, die Anfang der Sechzigerjahre im Bau war. Harzbahnkenner werden das EG sofort identifizieren. Es ist das des Bhf Walkenried der Südharzbahn, von OOK aus Vollmer-Mauersteinplatten gebaut.

 

In diesen beiden Folgen lernte ich, dass eine Anlage nicht nur eine Gleiskonfiguration ist, auf der man Züge kreisen lassen kann, sondern dass sogar eine 1,20 x 2,40m große Anlage eine Eisenbahn mit einer Aufgabe darstellen kann. Aber noch wichtiger als diese Serie war für meinen modellbahnerischen Werdegang eine Anzeige des Schwestermagazins MODEL RAILROADER, die mein Interesse entzündete. Aber das war ein teures Blatt: 50 cent pro Ausgabe. Der Dollar stand damals bei 4,20 DM, und mein Taschengeld war sehr knapp. Die einzige Lösung war, ein Abonnement des MR als Weihnachtsgeschenk zu wünschen.  Meine Eltern hatten einige Schwierigkeiten, das Geld in die USA zu überweisen, und die erste Ausgabe meines Abos traf passend zu meinem achtzehnten Geburtstag ein.

Auf diese Weise sah meine modellbahnerische „Ausbildung“ etwas anders aus als die der meisten Jugendlichen, die, falls überhaupt, die MIBA lasen.

In der amerikanischen Modellbahnszene war es die Zeit großer Neuerungen und Entwicklungen. Die point-to-point und walk-around-Ideen kamen damals gerade auf, die ersten Anlagenpläne mit Halbinseln (Zungen) wurden gedruckt und das erste Kartensystem für den Güterverkehr wurde einem erstaunten Publikum präsentiert. Und ich saß an der Quelle und durfte als ganz junger Mann Zeuge dieser progressiven Entwicklungen sein, die die meisten hiesigen Modellbahner erst Jahrzehnte später mitbekamen.

Dennoch war es mir nicht möglich, all das, was ich da lernte, sogleich in die Tat umzusetzen. Berufliche Bildung, Gründung einer Familie mit zwei Kindern, Bau eines Hauses etc. hielten den Modellbahnbazillus lange Zeit in Schach.

Meine erste point-to-point-Anlage war eine IIm-Gartenbahn, einer der ersten Gartenbahnen überhaupt, denn ich arbeitete praktisch von Anfang an an der LGB-Depesche mit und probierte alles vorher aus, was ich schrieb. Unser Garten war recht klein, aber eine ca. 30m lange U-förmige Strecke mit drei Bahnhöfen, einer davon eine Spitzkehre, sowie einer Spirale konnte auf gegossenen Betonfundamenten verlegt werden. Hier machte ich mit einem Freund meine ersten Erfahrungen mit Fahrplanbetrieb und einem einfachen Kartensystem für den Güterwagenumlauf. Wir hatten wirklich den Eindruck, dass unsere Eisenbahn etwas transportierte.

TAE 5, eine B1n2t-Maschine nach Vorbild der Mindener Kreisbahn, von OOK aus einer LGB-Stainz "gezaubert", macht sich mit einem langen Güterzug auf den Weg nach Tilsburg.

 

Einige Jahre später verlor ich das Interesse an der Gartenbahn; ich wollte eine „richtige“ Anlage, wo ich Landschaft bauen und detaillieren konnte. Ich baute eine H0-Anlage auf dem - eigentlich zu niedrigen – Dachboden, auch point-to-point natürlich, aber mit viel ausgeklügelterem Gleisplan. Das war die so genannte "Felsentalbahn". Hier gab es schon eine beschleunigte Modellbahnuhr und ein ausgereiftes Wagenkartensystem. Ivo Cordes, der oft mit Betrieb machte, schrieb ins Gästebuch, es sei „Deutschlands Betriebsmodellbahn Nr.1“.

Anfang der Achtzigerjahre gründete ich den FREMO und führte zusammen mit einigen Freunden in Mitteleuropa das erste Modulsystem ein: FREMODUL.  Das war natürlich in H0 und hatte einen sehr guten Erfolg. Aber ich wollte Schmalspur, ein dutzend Freunde ebenfalls. Wir diskutierten lange darüber, in welcher Baugröße wir ein schmalspuriges Modulsystem lancieren wollten. Einige Zeit standen die Maßstäbe S (1:64) und 0 (1:45) zur Debatte: am Ende einigten wir uns auf 0m. Dabei bin ich geblieben. Einige Jahre machte ich bei den Modultreffen mit, bei denen auf erstaunlich großen Arrangements ein hervorragender vorbildnaher Betrieb gemacht wurde, dann passierte etwas Ähnliches wie seinerzeit mit der Gartenbahn.

Ich verlor das Interesse an Modulen und wollte wieder eine „richtige“ Anlage. Und zwar in 0m! Das war die Geburtsstunde der BAE.

Ein Wort noch zum Thema Schmalspur-Modellbahn

Natürlich ist jede Spurweite unter 1435mm Schmalspur. Und dennoch wissen wir, dass Schmalspurbahn und Schmalspurbahn ganz verschiedene Dinge sein können, ich sage nur mal Torfbahn in einem Moor und Rhätische Bahn als zwei Extreme, die Harzquerbahn vielleicht im Mittelfeld. So meinen auch Schmalspur-Modellbahner oft ganz verschiedene Dinge, vor allem aber ganz verschiedene Stile. Für viele ist Schmalspur der letzte modellbahnerische Freiraum, wo all die Nietenzähler, Epoche- und Betriebsfetischisten nichts zu sagen haben, wo noch die Devise gilt „erlaubt ist, was gefällt“, denn – gern zitierter Satz – "bei der Schmalspur hat es doch eh alles gegeben". Es ist eine generelle Vorliebe für das Niedliche, das Nette, das Charmante zu erkennen, manchmal auch für das Schrullige.

Das kann ich so stehen lassen, aber zu dieser Gruppe rechne ich mich nicht. Ich bevorzuge die Sorte Schmalspurbahnen, die von Aufgabe und Bedeutung her eigentlich besser hätten als Regelspurbahnen gebaut werden sollen und nur aus finanziellen oder topografischen Gründen schmalspurig ausgeführt wurden, richtige Bahnen des öffentlichen Verkehrs also, deren Transportaufgaben in das Gesamtnetz der Eisenbahnen eingebunden sind.

Meine Lieblingsbahnen sind eher Arbeitstiere, deren Aufgabe es ist, bei kleinerer Spur und begrenzteren Mitteln alljährlich viele Tausend Tonnen über steile Rampen zu schleppen und einer regionalen Wirtschaft als Verkehrsträger zu dienen. Die Devise heißt nicht  "Blumen pflücken verboten", sondern Ärmel aufkrempeln und Transportaufgaben bewältigen.



In diesem Buch gibt es ein Kapitel Einflüsse und Prägungen. Da wird OOKs gesamter modellbahnerischer Werdegang beschrieben, mit allen seinen Anlagen - incl. Gleisplan der so genannten Felsentalbahn, die in der Gründungsphase des FREMO eine Rolle spielte und über die Ivo Cordes in Hp1-Modellbahn schrieb: "Deutschlands Betriebs-Modellbahn Nr. 1". Außerdem erfährt man, welchen Einfluss die Koryphäen wie John Allen, Frank Ellison, Alan Armitage, John Armstrong, Allen McClelland und Tony Koester auf seine Denke gehabt haben.